Die EU hat einen Action Plan für nachhaltige Finanzmärkte. Aber was genau beinhaltet er eigentlich?
Hast du Geld in einen Fonds oder ein anderes Finanzprodukt an den Kapitalmärkten investiert?
Nein? Dann solltest du unbedingt mit dem Investieren loslegen! Hier sind einige Tipps für Einsteiger, um Fehler beim Anlegen zu vermeiden 😉.
Ja? Dann solltest du über eine neue EU-Verordnung Bescheid wissen, die bereits zu Beginn des Jahres teilweise umgesetzt wurde. Obwohl diese Verordnung nicht nur für Finanzmarktteilnehmer wie Vermögensverwalter, sondern auch für Privatanleger von großer Bedeutung ist, wissen nicht viele Personen von ihr.
Hier findest du alle Informationen, die du brauchst, um diese neue Verordnung zu verstehen und zu nutzen!
1. Um die Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu stärken, private Investoren zu ermutigen und ihnen Möglichkeiten zu bieten, nachhaltig zu investieren, hat die Europäische Union ihren Aktionsplan für nachhaltige Finanzen veröffentlicht. Er umfasst 10 verschiedene Gesetzesinitiativen zur Förderung der Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren. Eine dieser Initiativen ist die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR); oder auf deutsch: Offenlegungsverordnung.
2. Die SFDR hat drei Kategorien für Fonds eingeführt, die wie ein Nachhaltigkeitszertifikat oder ein Bio-Label für Finanzprodukte verwendet werden können. Die Verordnung unterscheidet zwischen "Artikel 6-Produkten", die keinen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit legen, "Artikel 8-Produkten", die Nachhaltigkeit in ihrem Investmentprozess unterstützen und "Artikel 9-Produkten". Diese haben Nachhaltigkeit als aktives Ziel und sind damit am "grünsten".
3. Derzeit ist fast jeder vierte Euro, der in Europa in einen Fonds investiert wird, nachhaltig angelegt - also in einem Artikel 8- oder Artikel 9-Produkt.
4. Zwischen den Fondsmanagern gibt es erhebliche Unterschiede, wie nachhaltig ihr Angebot ist: Einige Manager konnten 100 % ihrer Fonds als nachhaltig deklarieren, andere gerade einmal 1,5 %.
Im Jahr 2018 veröffentlichte die EU-Kommission ihren Aktionsplan für nachhaltige Finanzmärkte. Damit unterstrich die Kommission die Bedeutung von Nachhaltigkeitsaspekten bei Kapitalanlagen und verpflichtete sich, gleiche Wettbewerbsbedingungen für nachhaltige Finanzmärkte in der gesamten EU zu schaffen.
Der Aktionsplan ist eine umfassende Gesetzesinitiative und beinhaltet 10 gesetzgeberische Maßnahmen, um die folgenden drei Nachhaltigkeitszielezu erreichen:
1. Umlenkung von privatem Kapital in nachhaltige Anlagen (z.B. durch eine standardisierte Taxonomie, Kennzeichnung von umweltfreundlichen Finanzprodukten, Offenlegung);
2. Integration von Nachhaltigkeit in das Risikomanagement (Einbeziehung von ESG-Risiken in Ratings, Anlagerichtlinien bei Banken und Versicherungen, etc);
3. Förderung von Transparenz und Langfristigkeit (durch verstärkte Offenlegung, Anreize für nachhaltige Unternehmensführung, etc.)
Wie du sofort sehen kannst, liegt der Fokus des Aktionsplans auf der Förderung von Nachhaltigkeit im Finanzsektor und zwar für den Privatanleger. Das Investieren in nachhaltige Finanzprodukte soll durch mehr Transparenz und die Einbeziehung von ESG-Risiken in die Geschäftsprozesse für uns alle einfacher werden, so dass privates Geld in "gute" und/oder, wie wir es gerne nennen, "grüne" Finanzprodukte fließt.
Die Initiative, die wir uns heute in diesem Artikel näher ansehen wollen, ist die sogenannte Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) (deutsch: Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor), die Teil des eben besprochenen Aktionsplans ist (und die einen unnötig komplizierten Namen hat - na ja 😅).
Aber auch wenn diese juristischen Begriffe zunächst extrem langweilig und trocken klingen, ist die Idee dahinter sehr wichtig und sich darüber zu informieren ist unerlässlich, wenn man sein Geld weiterhin an den Kapitalmärkten anlegen möchte.
Eine Veränderung hin zu grünen Finanzprodukten und mehr Transparenz?
Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die Offenlegungsverordnung.
Wir wissen bereits, dass sie Teil der EU-Initiative für nachhaltige Finanzen ist. Aber was genau besagt sie und was sind die Auswirkungen für Privatanleger wie dich?
Zusätzlich zum EU-Aktionsplan wird die SFDR dazu beitragen, den europäischen Green Deal zu erfüllen, der darauf abzielt, dass die EU bis 2050 kohlenstoffneutral ist, indem sie "in den nächsten zehn Jahren rund eine Billion Euro in grüne Investitionen steuert". Die Europäische Kommission versucht vor allem durch finanzielle Maßnahmen Anreize für Privatinvestoren zu schaffen, umweltfreundlicher zu investieren und damit den Klimawandel zu mildern.
Greenwashing, das immer noch als eines der größten Probleme für nachhaltige Investments gilt, soll ebenfalls auf diese Weise verhindert werden und mehr Transparenz über die tatsächliche Nachhaltigkeit von Finanzprodukten soll inzwischen unionsweit ermöglicht werden. Dies soll denjenigen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, die wirklich nachhaltige Produkte anbieten.
Die Ziele der SFDR sind also sehr ambitioniert für eine neue Verordnung. Doch wie sollen sie erreicht werden? Gut, dass du fragst:
Halten wir zunächst einmal fest: Da die SFDR von der Europäischen Kommission verabschiedet wurde, gilt die neue Regelung ab März 2021 für alle Unternehmen in der Europäischen Union. Einfach gesagt: Fondsmanager in allen 27 Nationen müssen sich an die neuen Standards halten!
Aber auch für Unternehmen, die ihren Sitz nicht direkt in der EU haben, gilt das neue Gesetz oft auf Umwegen - z.B. weil ihre Tochtergesellschaften in der Union ansässig sind.
Damit hat die SFDR natürlich einen großen Vorteil gegenüber einzelnen Länderinitiativen wie denen der deutschen BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht): Sie betrifft eine extrem große Zahl von Marktteilnehmern auf einmal, was sie extrem wirkungsvoll macht.
Das erste Ziel, über das wir gesprochen haben - Anreize für Privatanleger, umweltfreundlicher zu investieren - kann also erreicht werden, weil die SFDR einfach von jedem Fondsmanager in der Europäischen Union angepasst werden muss.
Das zweite Ziel - die Eindämmung von Greenwashing und die Erhöhung der Transparenz - wird dadurch erreicht, dass die Unternehmen verpflichtet werden, sowohl die beabsichtigten positiven Nachhaltigkeitseffekte als auch die möglichen negativen externen Effekte ihrer Finanzprodukte, genauer gesagt ihrer Fonds, offenzulegen.
Wenn dich der offizielle Wortlaut interessiert: Die Verordnung besagt, dass sie "harmonisierte Regeln für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater zur Transparenz in Bezug auf die Integration von Nachhaltigkeitsrisiken und die Berücksichtigung negativer Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen und die Bereitstellung nachhaltigkeitsbezogener Informationen in Bezug auf Finanzprodukte festlegt".
Um diese Regeln zu befolgen, sind Fondsgesellschaften grundsätzlich verpflichtet, jeden ihrer Fonds in eine von drei "grünen" Kategorien einzustufen, je nach dem Nachhaltigkeitsanspruch des Fonds.
Die drei Kategorien, die die SFDR vorsieht, sind nach den jeweiligen Artikel innerhalb der Verordnung benannt, in denen sie beschrieben werden: Artikel 6, Artikel 8 und Artikel 9.
👎 Artikel 6 deckt Fonds ab, die keinerlei Nachhaltigkeit in den Anlageprozess integrieren und Aktien enthalten könnten, die derzeit von ESG-Fonds ausgeschlossen werden - hiermit ist alles gemeint, was nicht so klimafreundlich oder anderweitig nicht nachhaltig ist: Tabak, Waffen, Kohle, etc.
In Zukunft können diese Fonds zwar noch in der EU verkauft werden, aber da sie als Artikel 6 gekennzeichnet werden müssen, werden sie offiziell als "nicht nachhaltig" eingestuft. Während sich die Welt in Richtung einer grüneren Wirtschaft bewegt, könnte dies einen Einfluss darauf haben, wie leicht Vermögensverwalter ihre Fonds verkaufen können.
🌎 Artikel 8, auch als "grüne Fonds" bekannt, fördern "(...)ökologische oder soziale Merkmale oder eine Kombination dieser Merkmale (...)". Diese Fonds integrieren ESG- oder soziale Merkmale in ihren Investmentansatz, zum Beispiel durch den Ausschluss von Sektoren.
🌿 Artikel 9 umfasst die nachhaltigsten Fonds, die daher auch "dunkelgrüne Fonds" genannt werden. Diese Fonds zielen demnach aktiv auf "ein Finanzprodukt [ab], das nachhaltiges Investment zum Ziel hat" und bei dem ein Index als Referenzmaßstab benannt wurde. Der große Unterschied zu Artikel 8-Fonds ist, dass Artikel 9-Fonds mit jeder ihrer Anlagen ein klares nachhaltiges Anlageziel verfolgen. Zum Beispiel gibt der Robeco Smart Energy Fund sein Ziel wie folgt an: "Das Ziel (...) ist es, ein langfristiges Kapitalwachstum zu erzielen und gleichzeitig ein besseres Nachhaltigkeitsprofil im Vergleich zur Benchmark anzustreben, indem bestimmte ESG-Merkmale (...) gefördert und Nachhaltigkeitsrisiken in den Anlageprozess integriert werden." Im Gegensatz dazu verfolgen Artikel 8-Fonds oft materialistische Anlageziele wie "der Fonds strebt als Anlageziel einen möglichst hohen Wertzuwachs an".
In Zukunft sollen diese Artikel als " Siegel" für Finanzprodukte verwendet werden (z.B. wie ein Bio-Siegel für Obst und Gemüse), um Privatanlegern die Entscheidung am Finanzmarkt zu erleichtern.
Je nachhaltiger ein Fonds ist - Artikel 6, 8 oder 9 - desto strenger sind die Offenlegungspflichten. Dies wiederum wird hoffentlich helfen, Greenwashing einzudämmen: Rein aus der Marketing-Perspektive wäre es zum Beispiel für einen Vermögensverwalter am besten, alle seine Fonds als Artikel 9 (d.h. dunkelgrün) einzustufen, weil sie so nachhaltig erscheinen würden. Da die Europäische Kommission dies nicht möchte, verlangt sie einen höheren Standard an Informationen (sehr, sehr viele Details!) für Artikel-8- und Artikel-9-Fonds, so dass Asset Manager, die Greenwashing betreiben, durch ihre Offenlegung entlarvt werden.
Ok, genug mit diesen Gesetzen! Kommen wir zur tatsächlichen Umsetzung -- seit März ist die SFDR in Europa in Kraft. Wer ist also wirklich nachhaltig und bietet Artikel 9-Fonds an und wer tut eher so, als wäre er supergrün?
Die gute Nachricht zuerst: Laut einer Studie von Morningstar ist bereits fast jeder vierte in Fonds investierte Euro in Europa nachhaltig (d.h. in einem Artikel 8- oder Artikel 9-Fonds) angelegt! Nicht schlecht, oder?
Morningstar hat in seiner Studie fast 50% aller Luxemburger Fonds (Luxemburg ist der größte Fondsstandort in ganz Europa) analysiert, was über 5.600 Fonds entspricht. Was sie gefunden haben, ist wirklich interessant:
Während kleinere Vermögensverwalter wie Robeco, Swisscanto oder SPPeinen extrem hohen Anteil ihrer Fonds als Artikel 8 oder 9 eingestuft haben - Robeco hat beispielsweise 98% seiner Fonds als nachhaltig deklariert - kann man sich über einige der großen Vermögensverwalter wie Blackrock, UBSund JP Morgan wundern, die deutlich niedrigere Quoten aufweisen: 17%, 15% bzw. 1,5%.
"Warum ist das so?", fragt man sich vielleicht.
Nun, einige Vermögensverwalter, wie Robeco, haben eine lange Geschichte mit Nachhaltigkeit. Umwelt- und sozialverträgliches Investieren ist der Kern ihres Geschäftsmodells, was es ihnen leicht macht, die neuen Regeln zur Offenlegung von Nachhaltigkeit zu befolgen - sie hätten es ohnehin getan!
Einfacher ausgedrückt: Für einige Vermögensverwalter ist es einfacher, ihre Fonds als nachhaltig zu klassifizieren, da sie es tatsächlich sind. 🤷♀️
Mit der Einführung des SDFR werden (endlich!) Nachhaltigkeitsstandards auf den europäischen Finanzmärkten etabliert, die Greenwashing erschweren und mehr Transparenz erzwingen werden.
Die Verordnung macht es relativ einfach, Vergleichbarkeit innerhalb der gesamten Europäischen Union zu schaffen. Wenn man beispielsweise in einen finnischen Fonds investieren will, kann man die gleiche Analyse durchführen wie bei einem deutschen Fonds (zumindest auf der Ebene der Nachhaltigkeit). Auch die Artikel 6, 8 und 9 können als zusätzliche Metrik bei Investitionsentscheidungen herangezogen werden (neben den normalen Finanzmetriken).
Durch diese Kombination von Finanzierung und Nachhaltigkeit macht die Europäische Union einen weiteren wichtigen Schritt zur Erfüllung des europäischen Green Deals und des Pariser Klimaabkommens. Dennoch ist zu bedenken, dass diese Gesetze allein nicht ausreichen werden; Maßnahmen in anderen Bereichen sind unumgänglich. Auch die Kommunikation dieser neuen Regelungen an private Investoren lässt zu wünschen übrig. Es gibt kein aktives Marketing für die SFDR und ihre Vorteile und private Investoren haben keine andere Wahl, als sich selbst zu informieren.